Moderne Buchkunst seit 1960 - Eine private Sicht -  
   

Gerlinde Creutzburg - Deutschland

Transkription des Briefes von Gerlinde Creutzburg vom 20.02.2004

 

Warum machen Sie Künstlerbücher?

Natürlich soll wie auch sonst in der Kunst das unverwechselbare Kunstwerk - ein Buch - entstehen. Ein Buch wiederum hat eine besondere Lesart im Verhältnis zum normalen Bild. Ein Buch vereint nicht nur Text und Bild, es vereint Bild und Skulptur und gibt eine Richtung des Lesens, der Begegnung, vor - besser gesagt: schlägt diese vor. Es hat geschlossen wie ausgebreitet den Anspruch, ein Kunstwerk zu sein. Ganz wichtig für mich ist, in der Form des Künstlerbuches, eine unverwechselbare Geschichte ob nun mit oder ohne Text zu erzählen - oder eben von einem Gespräch von Wort und Bild zu berichten.

 

Welche Rolle spielt für Sie der Text?

Das ist sehr unterschiedlich. Ich habe Lust, die "gelesenen" Bilder - eben meine Lesart - zu formulieren. Das passiert in der Gegenüberstellung des Textes zu Bildentsprechungen oder in der spielerischen Gestaltung der Texte, in der gänzlichen Vermischung von Wort und Bild oder auch wortlos. In jedem Fall verstehe ich die Begegnung von Wort und Bild als Gespräch, als Korrespondenz oder Begegnung, manchmal auch als Entsprechung. Mal ist der Text zuerst da, mal entstehen nach den Bildern Texte. Neugierig bin ich jedes Mal, was die Worte an Bildern hervorbringen oder was die Bilder an Worten formulieren. Die Form des Buches - ob traditionell, Leporello, objektartig oder verspielt - ist die erste Reaktion auf einen Text. Weitere folgen in den Bildfindungen, Textgestaltungen. Manchmal locke ich die in Wort geformten Gedanken auch durch Bilder in völlig andere Sichtweisen - als Gegenüberstellung oder Antwort. Manchmal gebe ich verschiedenen Autorinnen oder Autoren die gleiche Grafik und bin verblüfft, welch unterschiedliche Texte dazu entstehen. Das Künstlerbuch bietet Raum für eine ganz besondere Form künstlerischer Korrespondenz.

 

Wie sollte das Verhältnis zwischen Text und Bild für Sie sein?

Ich denke, das Verhältnis zwischen Text und Bild lege ich selbst sehr unterschiedlich fest. Ich meine, weniger Textauszüge als Teil eines Kunstwerkes sollten benutzt werden, als die vom Autor gewählte gesamte Form. Wenn ich sehr frei mit der Textgestaltung umgehe, eben sehr bildhaft den Text verändere, um eine besondere Lesart zu formulieren, gebe ich dennoch die vom Autor gemeinte Fassung an bzw. drucke sie im Anhang nochmals mit ab. Die Autoren reagieren recht unterschiedlich auf die Künstlerbücher. Die Bilder werden als eigenständige Korrespondenz toleriert, gemocht oder weniger geliebt. Greift man in die Textgestaltung ein, kann Freude oder aber auch totale Irritation entstehen. Ein Gespräch der besonderen Art bleibt es immer. Und es gibt für mich kein festgelegtes Verhältnis von Text und Bild. Das kommt immer auf den jeweiligen Inhalt von Text oder Bild an. (siehe auch 1. Frage)